Pfützen springen

Aug.24 / Teil 1

Wir waren beschäftigt in diesem Sommer. Pfützen springen, egal, ob die Sonne scheint.

Unser Sommer ist anders, unser Wetter ist anders.

Du wächst, du lachst, du bist. Fast wie immer. Und während wir Erwachsene tun, was zu tun ist, begleitet von diesem omnipräsenten Gefühl der Schwere, ist Kindertrauer anders. Du springst, nachdem du eben noch mit Freunden gespielt und mit überschäumender Begeisterung erzählt hast, in die nächste Pfütze und brauchst mich dann an deiner Seite. Dann stehen wir da, oft gemeinsam, mit nassen Füßen und schweren Herzen, weil Gummistiefel nie da sind, wenn man sie braucht.

Während ich mache, machst du es ganz selbstverständlich richtig. Du findest Rituale und Wege, bevor ich sie dir zeige. Konfrontierst dich, fragst, willst wissen. Hast Abschied gefeiert, bastelst Kisten, sammelst Erinnerungen, liest Bücher übers Leben und Sterben und bist leise im Zwiegespräch. Weil die Liebe bleibt. Und wenn wir gemeinsam in der Pfütze stehen und auch meine Füße irgendwann kalt werden, schiebt sich deine kleine Hand in meine.

Heute regnet es und wir werden Geburtstagslieder besonders laut singen, damit sie durch die Wolken dringen. Und der Regen wird neue Pfützen bringen. Und es ist ok. Das Brennen in der Brust und das Hüpfen in Pfützen, die Wut und die Tränen. Und wenn du magst, halt ich dich still und bring uns ins Warme.

Teil 2

Für Kinder und alle anderen – mein Recht auf Trauer (aus dem Buch „Weil du mir so fehlst“ von Ayse Bosse):

– Ich darf Fragen zu deinem Tod stellen, und zwar alle Fragen, die ich möchte.

Ich darf so viel über deinen Tod erfahren, wie möglich ist.

– Ich darf getröstet werden und andere trösten.

– Ich darf dich auch tot nochmal sehen und bei deiner Trauerfeier dabei sein, wenn das möglich ist und ich das möchte.

– Ich darf ganz viele verschiedene Gefühle gleichzeitig haben.

– Ich darf weinen, muss ich aber nicht.

– Ich darf wütend sein und schimpfen und brüllen.

– Ich darf auch mal wieder lachen und fröhlich sein.

– Ich soll mich nicht schuldig fühlen.

– Ich darf Angst haben.

– Ich darf darüber reden, aber nur, wenn ich das auch möchte.

– Ich darf auch mal meine Ruhe haben.

– Ich darf mich wann und wo ich will an dich erinnern.

– Ich darf dich auch mal für ein Weilchen vergessen.

– Ich darf Dinge tun, die mir guttun.

– Ich darf schwach sein.

– Ich darf mir die Zeit nehmen, die ich brauche.

– Ich darf so trauern, wie ich will.

– Ich darf dir wo und wann immer ich will, sagen, dass ich dich lieb habe.

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